BERGA AM ELSTER
- ARBEITSKOMMANDO
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Es war am
13. Februar 1945,
als wir in Berga an der Elster, in Thüringen gelegen, ankamen. Der Ort
liegt etwa 50 km östlich von Weimar....
Wir
marschierten lange bis zu unserem Camp, einer zweistöckigen Baracke. In Berga
waren die Wächter alle älter, etwa 60 Jahre alt und viele von ihnen sogar
körperlich behindert, was sie wahrscheinlich am aktiven Kriegsdienst
hinderte. Die meisten waren keine Bedrohung und es gab auch keine Hunde
zur Begleitung, wenn wir den Campbereich verliessen. Ich erinner mich an
die Person, die uns am meisten kontrollierte. Das war Unteroffizier Erwin Metz,
der seine Befehle von der SS erhielt. Leutenant Hacke war der Kommandeur
und Leiter des Projektes Schwalbe V, einem gemeinschaftlichen Projekt von Himmlers SS
und
einer Industriefirma.
Je länger
wir in Berga waren, desto mehr Männer wurden krank und waren nicht mehr
zur schweren Arbeit in den Tunnels in der Lage. Nur Metz entschied jeden
Morgen, wer zur Arbeit musste und wer in der Baracke bleiben durfte. Viele
wurden dann in ihren Betten tot aufgefunden. Im Kriegsverbrecherprozess
gegen Erwin Metz und Ludwig Merz wurden diese für ihre Morde völlig
unzureichend bestraft.
Kurz nach
unserer Ankunft wurde die Arbeit durch Arbeitskommandoführer Metz
eingeteilt. Viele von uns mussten zur Sklavenarbeit in die Tunnel,
jede Schicht hatte 12 Stunden und die Arbeit ging ununterbrochen jeden Tag
und 40 Tage lang.
Wie an vielen anderen Orten in Deutschland waren sie mit dem Ausbau
unterirdischer Anlagen zur Kriegsproduktion beschäftigt. Ich wurde zur
Essenabteilung eingeteilt, was mir das Leben rettete.
Ohne
Zweifel waren die Arbeiten im Tunnel die Hölle. Anstrengend, gefährlich
und in kalter und feuchter Umgebung. Es war Schiefergebirge und der Staub
setzte den Leuten ebenfalls zu. Nach 40 Tagen, es war Ostern, gab es
endlich einen "Ruhetag". Die passierte weil die zivilen Ingenieure
plötzlich "heilig" wurden. Manchmal hatte die Leute in den 17 Tunnels
verschiedene Aufgaben, die unterschiedlich schwer waren. Aber alle führten
zur absoluten Erschöpfung und Krankheiten mit einem katastrophalen
Ergebnis.
Jeden
Morgen um 4 Uhr liefen wir zum Camp. Es ging eine lange Strecke zu Fuss
und dann über einen Fluss, der zugefroren und mit Gesteinsbrocken bedeckt
war. Als wir ankamen, wurde das grosse Tor von den Capos geöffnet. Zu
dieser Zeit wusste ich nicht, dass es verschiedene Kategorien von Häftlingen gab, aber ich sah dass sie sich unterschiedlich benahmen,
angezogen waren und besser ernährt aussahen. Nach dem Krieg lernte ich
dann mehr über diese politischen Gefangenen. Hinter dem Tor befanden sich SS
Leute in schwarzen Uniformen mit dem Totenkopf-Abzeichen. Sie hatten
grosse Deutsche Schäferhunde an ihrer Seite. Viele von uns wurden
öffentlich gehängt. Manchmal sah ich mehrere Häftlinge gleichzeitig am
Balken hängen, wobei mir der Grund unbekannt ist. Ich versuchte nicht
hinzusehen und es zu ignorieren so gut ich konnte.
BERGA UND
EINZELHEITEN ZUR ARBEIT
Die Wächter
des Deutschen Volkssturms erkannten dass es sehr schwer war das Essen für
die Häftlinge den Berg hinauf zu schieben, noch dazu über gefrorenen Boden
oder im Regen. An miesen Tagen ordneten sie der Essensabteilung deshalb
bis zu 10 Mann zu. Das war für uns eine Gelegenheit, einigen Kameraden zur
Flucht zu verhelfen. Wir verwirrten einfach die Wächter indem wir ihnen
sagten wir wären 8 Leute, obwohl es 10 waren. Wir bewegten uns und
änderten unsere Position so dass sie uns die Anwesenheit von nur 8 Leuten
glaubten. Und während der Dunkelheit des anbrechenden Tages, weg von der
Campbeleuchtung, gelang einigen auf diese Weise die Flucht.
Drei Leute,
der ehemalige Vertrauensmann des Stalag 9B,
Hans Kasten und seine beiden Deutsch sprechenden Assistenten entkamen in
der ersten Woche aus Berga. Sie wurden gefunden, gefangen und verbrachten
den Rest des Krieges in einem Straflager, aber überlebten!
Wir
benutzten diesen Trick zweimal mit Morton
Goldstein. Ich hatte ihm im Stalag 9B getroffen und er ware ein
geschwätzige, aber grossartiger Mann. Seine erste Flucht endete mit
Gefangennahme und extra Arbeit in der Kälte. Etwa in der dritten
Märzwoche, auf unserem Weg zum Frühstück aufräumen, Goldstein und
ein anderer POW begleiteten uns und flohen dann. Goldstein wurde gefunden
und von Sgt. Metz durch Kopfschuss von hinten umgebracht. Man brachte Goldstein
zum Camp und Metz verweigerte eine Woche lang seine Beerdigung. Sein
Körper wurde zwischen den Baracken ausgelegt als Warnung für alle, keinen
Fluchtversuch zu unternehmen. Beim späteren Kriegsverbrecherprozess gegen
Metz, der wegen Tötung eines Amerikanischen Gefangenen angeklagt war,
behauptete dieser dass Goldstein
nach der Verhaftung wegrennen wollte.
Schwalbe V
war ein Arbeitskomplex der SS/Militär unter Leitung des SS Lt. Hacke, welcher
politische Gefangene Sklavenarbeit verrichten liess, um unterirdische
Rüstungsfabriken zu bauen. Alles war kontrolliert durch Himmlers SS
Truppen. Es gab viele solcher Komplexe in Deutschland, die den selben
Zwecken dienten. Es war Himmlers
Plan gewesen, politische Gefangene aller Länder als Sklaven für den Aufbau
eine grösseren Reiches zu benutzten. Die Arbeitsstätte war ein langer
Hügel, der sich auf einen grosse Strecke am Fluss Elster entlang ausdehnt.
Die Länge des Hangs war ausreichend um 17 Tunnel in zu treiben, die in
eine unterirdische Rüstungsfabrik münden sollten. Der Fabrikbereich war
noch nicht ausgegraben, aber nach Grösse und Anzahl der Tunnel zu
schliessen muss es sich um immense Abmessungen gehandelt haben.
Die
Sklavenarbeit bestand aus dem Ausgraben von Steinen und Erde von Hand und
mit der Schaufel, nachdem sich diese durch Sprengungen gelöst hatten.
Unsere Männer schaufelten Schiefergestein und Dreck in die Loren. Per Hand
wurden die Wagen dann zu einer Stelle gezogen, wo sie in die Elster
gekippt werden konnten. Man arbeitete mit einfachen Bohrern, alten
Grubenmaschinen und oft wurden Menschen oder Pferde eingesetzt, um
besonders schwere Objekte zu bewegen. Unfälle und Schläge mit dem Schlauch
waren an der Tagesordnung. Schieferstaub war immer vorhanden und setzte
uns zu. In sieben Wochen starben 50 Männer in Berga. Das waren mehr als
10% von den Leuten, die am 13. Februar 1945 ankamen.
Die SS/Militär
überwachte die Baustelle, stellte die Ingenieure ein und kümmerte sich um
die Beschaffung der Arbeitskräfte. Die Sklaven mussten bis zum Tod
arbeiten und es wartete schon "Ersatz". Wenn wir Metz darauf ansprachen,
dass einige seiner Aktionen gegen die Genfer Konvention verstossen,
antwortete er nur, er sei die Genfer Konvention. Er schickte sogar einen
der Ärzte zur Arbeit in die Tunnel, weil dieser Metz auf den Schutz der
Häftlinge hinwies.
In der
letzten Märzwoche wurden wir zu Baracken am Konzentrationslager Annex
gebracht. Unser Lager war vom Camp Annex durch einen Elektrozaun getrennt. Ich
sah dass viele Leute im anderen Camp in einer Art grossen Warenhaus
arbeiteten. Die
SS Truppen bewachten das Camp Annex und wir hatten die Volkssturmwächter
unter Leitung von Sergeant Metz. Die Arbeit der Männer hatte sich stark
verändert. Sie mussten nicht mehr länger in den Tunnels arbeiten. Es gab
verschiedene Arbeiten zu verrichten, aber alle oberirdisch und weg vom
Schieferstaub und der Kälte der Tunnels. Manche mussten am Ausbau einer
Eisenbahnstrecke arbeiten. Andere arbeiteten neben den Tunnels und
entleerten die Loren aus den Tunnels in die Elster. Die Arbeit war
anstrengend aber es war warm und man konnte durchatmen. Sogar die
Schichten wurden geändert.
Ostern war
um den 30. März 1945. Es gab nach
40 Tagen Arbeit endlich den ersten Ruhetag und die Leute konnten ihre Rot
Kreuz Pakete geniessen. Und am 6. April
1945 wurde uns befohlen, die Baracken zu evakuieren und in Richtung
Südosten zu marschieren, Richtung Bayern...